„Man müsste jemanden fragen können…“ – Wie oft wünschen wir uns Menschen, die uns bei schwierigen Entscheidungen mit ihrer Erfahrung zur Seite stehen können. Erst recht, wenn es um eine so wichtige Entscheidung wie die Berufswahl geht. Am Beruflichen Gymnasium für Gesundheit und Soziales mit dem fachlichen Schwerpunkt Pädagogik, das am Paul-Spiegel-Berufskolleg in Warendorf beheimatet ist, geht man regelmäßig diesen Weg, die Schülerinnen und Schüler mit Menschen zusammen zu bringen, die über Erfahrung in ihrem Beruf verfügen. Am sogenannten Expertentag gibt es die Möglichkeit, sich über Ausbildungswege, Anforderungen und Berufsalltage, aber auch über Vor- und Nachteile verschiedener Berufe mit erfahrenen Personen aus dem Berufsfeldern Pädagogik, Gesundheit und Soziales auszutauschen. Dieses Format, das sich in den zehn Jahren, die das Berufliche Gymnasium kreisweit als einziges seiner Art besteht, sehr bewährt hat, ging kürzlich in die zehnte Neuauflage, und wieder waren interessante Gäste geladen:
Judith Kötter und Anna Nienkemper berichteten von ihren persönlichen Lebenswegen, die sie schließlich als hauptberufliche Angestellte zum Verein Lebenshilfe e.V. geführt haben, einem Verein, der sich für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung einsetzt. Die Möglichkeiten, im Verein tätig zu werden sind sehr vielfältig: von ehrenamtlicher Tätigkeit über Freiwilligendienste, Praktika, Ausbildung und duales Studium bis hin zur hauptberuflichen Beschäftigung. Was die Arbeit lohnenswert mache, so Judith Kötter, sei die spürbar große Dankbarkeit der Betroffenen, die Abwechslung und das gute Klima im Team. Viele, die ursprünglich nur kurzzeitig für die Lebenshilfe arbeiten wollten, seien immer wieder gekommen und hätten zum Teil das Ehrenamt zum Beruf gemacht, was Anna Nienkemper kommentiert mit: „Einmal Lebenshilfe, immer Lebenshilfe!“
Anja Fuca und Helena Will arbeiten als Erzieherinnen bei der AWO-Kita in Warendorf. Sie berichteten von der Arbeit mit den Kindern und dem pädagogischen Konzept der Einrichtung, womit sie bei den Schülerinnen und Schülern, die alle Erziehungswissenschaft als Leistungskurs belegt haben, vertrautes Terrain betraten. Die Begeisterung für ihren Beruf war beiden anzumerken. „Wir sehen die Welt mit Kinderaugen und entdecken jeden Tag etwas Neues“, stellte Helena Will fest. Auch unangenehme Pflichten und lästige Bürokratie gehören zum Alltag in einer Kita, aber dafür sind die Übernahmechancen und Weiterbildungsperspektiven nach absolvierter Ausbildung sehr gut.
„Du willst etwas bewegen? Werde Physio!“ Diesen Satz stellt Beate Große-Schawe ihrem Vortrag voran. Als Assistentin der Geschäftsführung der Eva Hüser Physiotherapieschule in Bad Laer konnte sie wertvolle Tipps zu Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich Physiotherapie geben. Die Schule in Bad Laer punktet durch die familiäre Atmosphäre, die vielfältigen Kooperationspartner und die grüne Umgebung, die es möglich macht, praktische Einheiten in den Kurpark zu verlegen.
Dass der Alltag einer Grundschullehrkraft nicht nur aus dem reinen Unterricht besteht, machte Sabine Kock von der Everwordschule Freckenhorst gleich am Anfang ihrer Präsentation deutlich. Die Vorbereitung des Unterrichts, der Unterrichtsräume und –materialien nehmen ebenso Zeit in Anspruch wie Konferenzen, Dienstbesprechungen und Elterngespräche. Daneben gilt es, eine gute Beziehung zu den Schülerinnen und Schülern aufzubauen, trösten, Streit schlichten und motivieren zu können. Einfühlungsvermögen sieht Sabine Kock deswegen als wichtige Eigenschaft für den Lehrerberuf, ebenso wie Stressresistenz, Konfliktfähigkeit, Freude am Umgang mit Kindern und eine gute Prise Humor. Sie stellte den langen Ausbildungsweg aus Studium und Referendariat vor und betonte die Wichtigkeit früher Praktika, um rechtzeitig die eigene Eignung für den Beruf auf den Prüfstand zu stellen.
Aufmerksame Stille legte sich über den Raum, als schließlich Christopher Luig vom Sternenland e.V. in Telgte von seiner Arbeit als Trauerbegleiter für Kinder und Jugendliche erzählte. Auf die interessierte Frage einer Schülerin: „Warum machen Sie einen so traurigen Beruf?“, hatte er die Antwort: „Manche Jobs lohnen sich, wenn man dafür brennt!“ Als studierter Sozialpädagoge habe er schon früher gespürt, dass er für die Arbeit mit Menschen in Krisensituationen geeignet ist. Seine jetzige Tätigkeit beschrieb er als „Seelsorge“, die ihm auch eine gewisse Freiheit gibt: „Wir müssen gemeinsam Wege finden, die Situation annehmen zu können. Wenn dabei etwas gut tut, kann es nicht falsch sein.“ So sei für ein Kind ein gemeinsamer Spaziergang das Richtige, während ein anderes seine Wut an einem Boxsack auslassen möchte. Es gelte bei seiner Tätigkeit, das Zusammenspiel von Körper, Geist und Psyche zu beachten und allen gerecht zu werden.
Nach einem abwechslungsreichen und informativen Tag sind die Schülerinnen und Schüler des Beruflichen Gymnasiums bei ihrer Entscheidung zur Berufswahl wieder einen Schritt weitergekommen.
Das Berufliche Gymnasium für Gesundheit und Soziales nimmt zum neuen Schuljahr noch Anmeldungen entgegen. Weitere Infos >> Berufliches Gymnasium für Gesundheit und Soziales. Kontakt: sylvia.sahl-beck@paul-spiegel-berufskolleg.eu