Begegnungen mit Ausmaß von Gewalt und Leid im Nationalsozialismus

Begegnungen mit Ausmaß von Gewalt und Leid im Nationalsozialismus

In Biekerniki innehalten am Erinnerungsstein Warendorf (Mitgliedsstadt im Riga-Komitee)

In einer berührenden Veranstaltung haben Schülerinnen und Schüler in der voll besetzten Aula des Paul-Spiegel-Berufskollegs zurückgeblickt auf die Gedenkstättenfahrten, die zum Ende des ersten Schulhalbjahres stattgefunden haben. 108 junge Menschen aus verschiedenen Bildungsgängen und Klassen waren gemeinsam mit Lehrkräften und begleitet von Experten des in Münster ansässigen Vereins Gemeinsam Erinnern für eine Europäische Zukunft e.V (GEEZ e.V.) nach Buchenwald/Weimar, Riga, Warschau/Treblinka, Auschwitz/Krakau und Amsterdam/Westerbork gereist.

In ihren Präsentationen erzählten die Schülerinnen und Schüler davon, was sie beeindruckt und bedrückt hat. Gespräche mit Zeitzeugen, Besuche von Mahnmalen, Museen und ehemaligen Vernichtungslagern und die Teilnahme an Workshops haben bleibende Erinnerungen hinterlassen, Impulse gesetzt und Wissen erweitert. „Es war real“, betonte Lina Dahlhoff in ihrer Anmoderation, „und wir müssen gegen Relativierungen dieser Geschehnisse kämpfen und verhindern, dass so etwas wieder geschieht.“ Ein Gedanke, den Schulleiter Udo Lakemper in seinem Schlusswort aufgriff, mit dem Verweis auf Namen und Auftrag des Paul-Spiegel-Berufskollegs.

Auf der Gedenkenstättenfahrt mit dem Ziel Riga wurde die Verbindung zwischen der lettischen Hauptstadt und Warendorf im Laufe der Reise immer spürbarer. Ein bewegender Moment war der Besuch der Gedenkstätte Bikernieki, dem größten Tatort des Massenmords in Lettland. Dort gedachten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 1941 nach Riga deportierten Jüdinnen und Juden aus Warendorf. Bereits im Vorfeld der Reise hatten sie sich intensiv mit den Biografien der Opfer beschäftigt, Namen recherchiert und eine Erinnerungskarte erstellt. In einer feierlichen Zeremonie wurden diese Namen an den Gedenksteinen des Riga-Komitees von Warendorf, Telgte und Münster verlesen. Abschließend legten die Schülerinnen und Schüler eine Blume nieder – als Zeichen der Erinnerung und des Nicht-Vergessens. „Vor Ort waren die vielen Informationen und die enorme Anzahl der anonymen Massengräber sehr bedrückend und herausfordernd“, berichtet Swana Wittenberg.

Neben Bikernieki besuchte die Gruppe auch die Gedenkstätten Salaspils, das ehemalige Arbeitserziehungslager, sowie Rumbula, das an die ermordeten jüdischen Einwohner Rigas erinnert. Besonders eindrücklich war die Erkundung des ehemaligen Ghettos (1941–1944) und des alten jüdischen Friedhofs. Dort ergab sich ein spontanes Gespräch mit einem Letten, dessen Großeltern einst am Rande des Friedhofs lebten. „Das war ein sehr bewegender Moment, weil der Mann sich freute, dass wir als Schülerinnen und Schüler aus Deutschland uns für die Vergangenheit interessieren und an einer Gedenkstättenfahrt teilnehmen“, schildert David Richter. Nach einer Woche voller intensiver Erfahrungen kehrten die Schülerinnen und Schüler mit tiefem Respekt und Dankbarkeit zurück. „Mir ist bewusst geworden, welch großes Geschenk es ist, in Freiheit leben zu dürfen“, resümiert Xenia Hergert.

Bei der Fahrt nach Auschwitz und Krakau ging die Führung durch die ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz und Birkenau besonders nah. An der Erschießungsmauer lagen noch die Erinnerungskränze anlässlich des Jahresgedenkens der Befreiung des Lagers am 27. Januar 1945. In Workshops erarbeiteten die Schülerinnen und Schüler die Lebensläufe überlebender Menschen, ihre individuellen Verarbeitungsprozesse und ihr Wirken bis in die heutige Zeit. Antworten auf die Frage „Was macht diese Erfahrung mit einem Menschen?“ gab der Besuch einer ergreifenden Ausstellung über einen ehemaligen Häftling und das Gespräch mit einer Zeitzeugin, die als Kind in der Fabrik Oskar Schindlers arbeitete und dadurch überlebt hat.

In Warschau waren die Erinnerungen an die Vernichtungsstätte Treblinka, das Warschauer Ghetto und den Arzt und Waisenhausleiter Janusz Korzcak, das Museum Polin und das Ringelblum-Archiv die Hauptpunkte des Programms. Die Schülerin Mara Peters fasste ihr Erleben und ihre persönliche Überzeugung in einem Appell zusammen: ,,Mir persönlich ist viel bewusst geworden, worüber ich vorher nicht nachgedacht habe. Wir Schüler haben täglich mit Problemen wie Ausgrenzung zu kämpfen, die vielleicht auch vermeidbar sind, indem wir uns im Klaren sind: Hass, Rassismus und Ausgrenzung sind falsch, wir müssen lernen zu tolerieren. Jeder verdient Respekt. Wir müssen uns einsetzen und aufklären. Und wir müssen der Welt zeigen, dass wir aus der Geschichte lernen. Am Ende gewinnen immer die Menschen mit einem guten Herzen. Entscheide dich, einer von ihnen zu sein. Schau hin, anstatt wegzuschauen. Rede, anstatt zu schweigen.“

Die Auseinandersetzung mit individuellen Lebensgeschichten war auch ein zentraler Bestandteil der Fahrt in die Niederlande. In der Dauerausstellung des Lagers Kamp Westerbork übernahmen die Schülerinnen und Schüler Patenschaften für einzelne Schicksale. Anhand von Originalbriefen und persönlichen Gegenständen recherchierten sie die Lebenswege der Inhaftierten und stellten diese einander vor. Die unbegreifbare Anzahl von 107.000 Menschen, die insgesamt in Westerbork inhaftiert waren, bekam Gesichter. Der Zeitzeuge John Blogg berichtete in einer emotionalen Begegnung davon, wie seine Eltern den Zweiten Weltkrieg nur durch die Hilfe mutiger Menschen, die ihr eigenes Leben riskierten, überlebten. Besonders beeindruckt zeigten sich die Teilnehmenden von den Worten des Zeitzeugen: „Schaut nicht weg!“ – ein Appell, der aktueller ist denn je. In Amsterdam begaben sich die Schülerinnen und Schüler auf den Rundgang durch das (Hinter-)Haus, in dem die 13-jährige Jüdin Anne Frank sich zwei Jahre lang auf engstem Raum zusammen mit ihrer Familie und weiteren Personen versteckte. „Wir haben das Knarzen des Originalbodens selbst erlebt und konnten uns vorstellen, wie schwierig es gewesen sein muss, immer leise zu sein und sich nicht zu verraten“, schilderte eine Schülerin ihre Eindrücke.

In Weimar lernte die Reisegruppe die UNESCO-Welterbe-Stadt von verschiedenen Seiten kennen: Die Spuren von Goethe und Schiller kontrastierten mit einer Stadtführung unter dem Thema „Weimar im Nationalsozialismus“ und dem Museum „Zwangsarbeit im Nationalsozialismus“. In Erfurt besuchte die Gruppe den Erinnerungsort „Topf & Söhne“. Das Unternehmen hatte Verbrennungsöfen und Technik für die Gaskammern bereitgestellt. Eine Tatsache, mit der sich die Schülerinnen und Schüler in einem Workshop zur Frage von Arbeit und Verantwortung auseinandersetzten. Die in der Nähe von Weimar gelegene Gedenkstätte Buchenwald „mahnt uns“, so ein Schüler bei der Präsentation. „Es ist nicht einmal 100 Jahre her. Und auch wenn wir nicht direkt damit zu tun haben, muss man sich trotzdem das Ausmaß der Gewalt klarmachen.“ Unfassbar für ihn: „Es gab direkt neben dem Lager einen Tierpark. Es kann nicht sein, dass niemand etwas wusste.“

Gedenken an stillgelegten Gleisen beim Besuch von Auschwitz und Krakau

Workshop im Museum „Zwangsarbeit im Nationalsozialismus“ in Weimar

Mahnende Botschaft am Obelisk im Vernichtungslager Treblinka

Im Gespräch mit dem Zeitzeugen John Blogg in Kamp Westerbork

Präsentation der Gedenkstättenfahrten 

Kultur, Menschen und Arbeitswelt außerhalb Deutschlands kennengelernt

Kultur, Menschen und Arbeitswelt außerhalb Deutschlands kennengelernt

Die Auslandspraktikanten und -praktikantinnen mit Schulleiter Udo Lakemper und dem Europateam (Projektleiterin Maren Ohde, Astrid Wewers und Lucia Peters, vordere Reihe v.l.n.r.)

„AVE Erasmus – Arbeiten im Vereinten Europa“, so lautet das vom Paul-Spiegel-Berufskolleg organisierte Auslandspraktikum, unterstützt durch das europäische Förderprogramm Erasmus+. Etwa 60 Schülerinnen und Schüler des Warendorfer Berufskollegs wagten im Sommer und Herbst 2024 den Schritt ins Ausland und absolvierten erfolgreich ein Praktikum in Wien, Dublin, Sevilla, auf den kanarischen Inseln, in La Rochelle, Dubai, in der Türkei, den USA und auf der Insel La Réunion. Für vier oder sechs Wochen erlebten sie den Alltag, wohnten in Gastfamilien, Studentenunterkünften oder Hotels und arbeiteten in einem ihrer Ausbildung oder dem anvisierten Ausbildungsberuf entsprechenden Betrieb. Nach Feierabend besuchten sie einen Sprachkurs und erkundeten die Umgebung.

Dokumentiert wurde dieser Auslandsaufenthalt nun auch im sogenannten „Europass Mobilität“, einem europaweit anerkannten Zertifikat für Auslandspraktika. Hierzu fand am Paul-Spiegel-Berufskolleg eine feierliche Veranstaltung statt. Vor der Verleihung der Europässe präsentierten die Auslandspraktikanten und -praktikantinnen ihre Eindrücke und Erfahrungen auf unterschiedlichste Art und Weise. So motivierten sie die an der Ausreise 2025 interessierten Schülerinnen und Schüler, die der Einladung zu dieser Veranstaltung gefolgt waren. Nach den Präsentationen überreichte Schulleiter Udo Lakemper die Europässe.

„Es ist schön zu sehen, wie die Schülerinnen und Schüler persönlich und für ihre berufliche Orientierung von diesem Auslandsaufenthalt profitieren konnten“, so Abteilungsleiterin Maren Ohde, die das Projekt leitet und zusammen mit dem Europateam der Schule betreut. „Das Feedback der ausländischen Betriebe und Partner war äußerst positiv. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sehr zuverlässig und haben sich engagiert auf das Praktikum eingelassen. Die Unternehmen freuen sich nun schon auf die neuen Praktikanten und Praktikantinnen unserer Schule in diesem Jahr“.

Texanischen Lehrkräften über die Schulter geschaut

Texanischen Lehrkräften über die Schulter geschaut

Der leere Flur täuscht: Knapp 4000 Schülerinnen und Schüler besuchen die Cinco Ranch High School. Lehrerin Insa Busch war beeindruckt von der Schulkultur.

Im Rahmen eines Job Shadowing hat Insa Busch, Lehrerin am Paul-Spiegel-Berufskolleg Warendorf, für 12 Tage die texanische Cinco Ranch High School in Houston, Texas, besucht. Ziel war es, den Fremdsprachenlehrerinnen und -lehrern über die Schulter zu schauen, neue Unterrichtsideen und -methoden zu erlernen und die eigene interkulturelle Kompetenz zu schulen.

Wie sieht der Deutschunterricht an einer amerikanischen High-School aus? Mit welchen Methoden und Lehrwerken arbeiten die Fachkolleginnen und -kollegen in den USA? Inwieweit werden digitale Medien fest in den Unterricht eingebunden? Diese und weitere Fragen hatte Insa Busch im Gepäck, als sie sich Anfang September auf den Weg nach Houston machte.

Vor Ort beobachtete Insa Busch neben englischsprachigem Unterricht vor allem den Fremdsprachenunterricht in Spanisch, Französisch, Deutsch und Chinesisch. Dort wurde schnell klar, dass die Lerninhalte eigentlich ähnlich sind, die amerikanischen Kolleginnen und Kollegen jedoch sehr viel digitaler und konversationsorientierter agieren. Grammatikstrukturen würden kaum thematisiert, viele mehr liege der Fokus auf der mündlichen Bewältigung von Alltagssituationen.

Als einen auffallenden Unterschied zwischen dem deutschen und dem amerikanischen Schulsystem erlebte Insa Busch, dass das Gemeinschaftsgefühl ein anderes ist. Die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte, so Insa Busch, würden sich sehr stark  mit ihrer Schule identifizieren und außerunterrichtlich im Sportverein, im Chor und anderen Clubs aktiv sein. Dadurch werde der Zusammenhalt gestärkt.

„Meine absoluten Highlights waren ein Footballspiel der Schulmannschaft und der Besuch des Chinesisch-Unterrichts. Zu sehen, wie sehr die Schülerinnen und Schüler sich im Footballteam engagieren und wie viel Energie in die Spiele und die Veranstaltung geflossen sind, war sehr beeindruckend“, berichtet Insa Busch. „Im Chinesisch-Unterricht konnte ich einen Perspektivwechsel vollziehen. Sich ad hoc in einem völlig unbekannten Schrift- und Lautsystem zurecht zu finden, ist eine riesige Herausforderung. Dieser Herausforderung sind viele Zugewanderte, die hier bei uns am Berufskolleg Deutsch lernen, täglich ausgesetzt.“

Für die Lehrerin aus dem Kreis Warendorf bot die Reise auch die Möglichkeit, in den ‘American Way of Life` einzutauchen: „Houston ist die viertgrößte Stadt der Vereinigten Staaten und lässt einen in vielerlei Hinsicht staunend zurück. ‘Everything is bigger in Texas‘, so sagt man dort und das trifft in vielerlei Hinsicht zu.“

Die daheimgebliebenen Schülerinnen und Schüler konnten den USA-Aufenthalt aus Deutschland mitverfolgen. Mit einem Instagram-Account und täglichen Quizfragen zum Leben in Texas waren sie hautnah dabei. Den Gewinner des Quiz erwarteten dann 1,5 kg amerikanische Süßigkeiten.

Möglich gemacht hat die Ausreise „Erasmus plus“, ein Programm der europäischen Union, welches es Lehrkräften ermöglicht, für einen kurzen Zeitraum an Schulen im Ausland zu hospitieren und zu lernen. Dieses Programm gibt auch jedes Jahr den Schülerinnen und Schülern des Paul-Spiegel-Berufskollegs die Chance, ein Praktikum im Ausland zu machen.

Fazit: das „Erasmus Plus“-Programm ist die ideale Möglichkeit für Lehrkräfte, den eigenen Horizont zu erweitern und andere Schulsysteme kennenzulernen. Den Rückflug hat Insa Busch mit einer Menge neuer persönlicher und beruflicher Erfahrungen sowie unzähligen neuen Unterrichtsmethoden im Gepäck angetreten.

Besuchergruppe aus Island informierte sich über Berufskolleg

Besuchergruppe aus Island informierte sich über Berufskolleg

Gäste aus Island hat Schulleiter Udo Lakemper vor Kurzem empfangen. Im Rahmen eines Austausches mit dem benachbarten Mariengymnasium wollte die Delegation von einer weiterführenden Schule aus der kleinen Küstenstadt Höfn im Südosten Islands sich auch über die Bildungsangebote am Berufskolleg informieren. Im Gegenzug gab es auch für uns interessante Informationen, u.a. über digitalen Fernunterricht und Bergsteigerkurse.

Berufsbezogener Bildungsgang und Praktika: Gute Wegbereiter in den Job

Berufsbezogener Bildungsgang und Praktika: Gute Wegbereiter in den Job

Gute Laune im Hotel-Team: Lilly Kollenberg (Bildmitte), Schülerin der Höheren Berufsfachschule für Wirtschaft und Verwaltung, absolvierte ein Auslandspraktikum auf den Philippinen.

Eine kleine Attraktion war Lilly Kollenberg für die Einheimischen im philippinischen Plaridel, einem kleinen Küstenort in der Provinz Misamis Occidental, ca. 60 km entfernt von Mindanao. „Ich wurde eigentlich jeden Tag angesprochen, weil ich anders aussehe“, berichtet Lilly. „Die Leute hatten gehört, dass eine Ausländerin in dem Hotel arbeitet und wollten Fotos machen von mir.“ Das Hotel Le Bijoux, das sich auf seiner Webseite als „Juwel von Plaridel“ bewirbt, war für 6 Wochen ihr der Arbeitsplatz. Als Schülerin in der Unterstufe der Höheren Berufsfachschule für Wirtschaft und Verwaltung am Paul-Spiegel-Berufskolleg Warendorf absolvierte sie dort im Sommer 2023 ein selbst organisiertes Praktikum im Rahmen des Erasmus+-Programms. Das Programm ermöglicht es Schülerinnen und Schülern des Berufskollegs, ein Praktikum im Ausland zu machen. Die Info-Veranstaltung des Europa-Teams der Schule (Ansprechpartnerin Maren Ohde) entfachte Lillys Interesse. „Ursprünglich wollte ich nach Dubai, weil ein Familienmitglied dort gearbeitet hat. Aber das hat nicht geklappt“, so Lilly. Durch einen Bekannten der Familie habe sich dann die Möglichkeit auf den Philippinen ergeben. „So eine Chance kriege ich nie wieder“, dachte sich Lilly und setzte ihre Planungen mit Unterstützung des Europateams in Gang.

Nach einer langen Flugreise, das letzte Stück mit einer Propellermaschine, begann Anfang Juni 2023 eine aufregende Zeit, in der Lilly die Arbeit im Hotelgewerbe von vielen Seiten kennenlernte. Ihr Einsatz im Büro war eher eingeschränkt, aber die Kolleginnen und Kollegen gaben ihr einen Einblick in Verwaltungs- und kaufmännische Aufgaben. Sie half mit bei den Einkäufen für den Hotelbedarf – von Dekoration über Matratzen zu Lebensmitteln -, informierte Gäste über mögliche Freizeitaktivitäten und kellnerte im Bistro. Ins Schwärmen kommt Lilly, als sie von ihren Tätigkeiten im hoteleigenen, auf einer Insel gelegenen Beach-Resort Baw Bawon erzählt: „Das Meer war glasklar und warm. Ich habe noch nie so schöne Strände gesehen.“

Vor Ort war Lilly die einzige und auch erste Praktikantin im Hotel. Das Verhältnis zu den anderen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen beschreibt sie als offen und herzlich. „Ich musste mich allerdings an die sehr offene Art der Filipinos erst gewöhnen“, erinnert sie sich. „Man bekommt ein sehr direktes Feedback, zum Beispiel zur Frisur oder Kleidung. Damit muss man umgehen können. Aber man hat mich aufgenommen wie ein Familienmitglied.“ Selbstbewusster sei sie geworden, sagt Lilly. Sie könne jetzt besser zu sich selber stehen. Und ein gutes Training in der englischen Sprache sei ihr Aufenthalt auch gewesen.

Neben dem Auslandspraktikum hatte Lilly zuvor das reguläre, im Bildungsgang der Höheren Berufsfachschule Wirtschaft und Verwaltung integrierte Betriebspraktikum geleistet. Für drei Wochen arbeitete sie bei einem großen lokalen Unternehmen. „Es war sehr hilfreich, dass ich durch den Unterricht im Bildungsgang schon Vorkenntnisse mitgebracht habe, z.B. in den Programmen Word, Excel und Access“, erinnert sich Lilly. Auch die Lerninhalte aus dem Bereich Personalwesen oder zu Buchungsabläufen im Fach Betriebswirtschaftslehre mit Rechnungswesen seien eine gute Vorbereitung gewesen. Durch das Praktikum hat sich Lilly ihren weiteren beruflichen Weg geebnet. Nach ihrer Abschlussprüfung zum Erwerb der Fachhochschulreife in diesem Frühjahr wird sie in ihrem ehemaligen Praktikumsbetrieb eine Ausbildung zur Industriekauffrau beginnen.

Gleich zu Beginn des zweiten Halbjahres startet auch in diesem Jahr für die Schülerinnen und Schüler der Unterstufenklassen der Höheren Berufsfachschule die Praktikums-Phase. In einem Industriebetrieb, einer Organisation, im Handel oder in der Verwaltung orientieren sie sich in einem Berufsfeld, um die Praxis kennenzulernen und die eigenen Fähigkeiten und Interessen auf den Prüfstand zu stellen. An der Höheren Berufsfachschule für Wirtschaft und Verwaltung lassen sich nach einem zweijährigen Besuch der schulische Teil der Fachhochschulreife oder – in Verbindung mit 24 Praktikumswochen – die volle Fachhochschulreife erwerben. Ansprechpartner für den Bildungsgang ist Dr. Jörg Eggerts. Am 26.01.2024 kann man sich am schulweiten Informationstag des Paul-Spiegel-Berufskollegs (13:00 bis 16:00 Uhr) schlau machen und auch gleich anmelden.

Auslandspraktika in einer der schönsten Städte Spaniens

Auslandspraktika in einer der schönsten Städte Spaniens

Selin Uslu (Höhere Berufsfachschule Wirtschaft und Verwaltung, Mitte) in ihrem Praktikumsbetrieb, der Sprachenschule „Sevilla habla“, mit Kolleginnen Mercedes Cuerda (li.) und Beatriz Dominguez (re.)

Sie sind zurück, die 52 Auslandspraktikanten und -praktikantinnen des Paul-Spiegel-Berufskollegs. Jedes Jahr organisiert das Paul-Spiegel-Berufskolleg Auslandspraktika wahlweise nach Dublin, Wien und Sevilla und auf die Inseln La Réunion und Teneriffa. „Die Auslandspraktika werden über das Förderprogramm Erasmus+ durch großzügige Stipendien finanziert. Auch individuelle Praktika werden angeboten, in denen die Schülerinnen und Schüler das Praktikum eigenständig in einem von ihnen gewählten Land organisieren. Hier sind sogar Aufenthalte im außereuropäischen Ausland möglich. Auch die Lehrkräfte der Warendorfer Europaschule nehmen am Erasmus+-Projekt teil, besuchen Fortbildungen, Sprachkurse und tauschen sich mit Betrieben im Ausland aus.

Dilay Büyükbas, Hanna Esterhues, Jill Feuersträter, Till Hellmann, Santhiya Hemachandran, Moritz Kahlert, Lavaniya Kengatheswaran, Lara Marie Langner, Giuliana Otto, Luisa Pösentrup, Selin Uslu und Yaren Yaygir machten sich Ende September für vier Wochen auf den Weg nach Sevilla. Während hier in Deutschland schon langsam der Herbst Einzug hielt, strahlte Sevilla mit noch über 30 Grad in voller Schönheit. In der andalusischen Stadt lebten die Schülerinnen und Schüler vier Wochen in Gastfamilien, arbeiteten in spanischen Betrieben und besuchten nach Feierabend einen Sprachkurs.

Die Gastfamilien sorgten dafür, dass sich die Schülerinnen und Schüler schnell wohl und wie zu Hause fühlten. So berichtet Yaren von ihrem Zuhause in Sevilla: „Unsere Gastmutter hat meine Freundin und mich wie ihre eigenen Töchter gesehen. Sie hat viel mit uns unternommen, hat uns immer zugeschaut, wenn wir uns fertiggemacht haben und war mit uns am ersten Wochenende in ihrem Strandhaus. Ich habe mich noch nie so wohlgefühlt in einem fremden Land wie in Sevilla.“

Vorab durften die Schülerinnen und Schüler Wünsche äußern, in welchem Bereich sie ihr Praktikum gerne absolvieren würden. Giulianas Wunsch, in einer Sprachenschule zu arbeiten, wurde erfüllt, und sie schätzte die Zusammenarbeit dort sehr: „Meine Arbeitskolleginnen waren sehr lieb und haben mir in den vier Wochen viel beigebracht. Wir haben oft zusammen gefrühstückt und uns morgens in einer Bar nebenan ein „tostada“ geholt.“ Auch mit der Verständigung klappte es nach einigen Anfangsschwierigkeiten von Tag zu Tag besser. Luisa konnte ihr Hobby mit ihrer Arbeit verbinden und machte ihr Praktikum im Fanshop des Erstliga Fußballvereins Real Betis Sevilla. Auch sie fühlte sich gut aufgehoben: „Ich wurde sehr freundlich ins Team aufgenommen und von der Filialleiterin, die glücklicherweise Englisch sprach, eingearbeitet.“ Laras Tutorin in ihrem Praktikumsbetrieb hingegen sprach ausschließlich Andalusisch, aber auch das funktionierte: „Im Betrieb wurde ich herzlich empfangen und meine Betreuerin war total nett. Sie hatte viel Geduld und Spaß, mir die Aufgaben zu erklären, auch wenn sie nur Spanisch sprach und ich sie häufiger nicht direkt verstand.“

Für Lavaniya war ihr Praktikum sehr lehrreich und inspirierend: „Während meines Prakti-kums in einer Flamenco-Schule hatte ich die Möglichkeit, mich intensiv mit der faszinieren-den Welt des Flamencos auseinanderzusetzen.“ Hanna arbeitete in einer Vorschule in Sevilla und konnte viel von den Kindern lernen, wenn sie im Morgenkreis von ihrem Tag berichteten oder mit ihr zusammen Lieder sangen. Dilays Spanischkenntnisse waren in der zweiten Hälfte ihres Praktikums schon so gut, dass sie in dem Museum, in dem sie arbeitete, die Führungen übernehmen durfte. Moritz besucht die Höhere Berufsfachschule für Elektrotechnik und unterstützte den Hausmeister in einem Vier-Sterne-Hotel in Sevillas ehemaligen jüdischen Viertel Santa Cruz. Jill konnte ihr Wissen im Bereich Wirtschaft und Verwaltung in der Vermietungsagentur RentalSevilla unter Beweis stellen. Santhiya absolvierte ihr Praktikum in einem Hotelrestaurant und schätzte den Kontakt zu den Kunden und ihren Kollegen sehr: „Mit den Mitarbeitern habe ich mich auch super verstanden, das war am Wichtigsten. Wir hatten sehr viel Spaß während der Arbeit und das hat mich sehr glücklich gemacht.“ Für sie war das Praktikum „eines der besten Erlebnisse“, wie sie in ihrem Bericht schreibt. Till, der sein Praktikum in einer deutschen Schule machte, kann es nur empfehlen: „Alles in Allem ist es eine der schönsten Zeiten gewesen, die ich je hatte, und ich kann nur jedem ans Herz legen, es auch einmal auszuprobieren. Die Chance zu so einem Erlebnis kriegt man nicht häufig in seinem Leben, und ich würde es immer wieder machen.“

Und darüber waren sich alle Praktikanten und Praktikantinnen einig: Sevilla ist eine wunderschöne, pulsierende Stadt, die viele kulturelle Entdeckungen bietet. „Sevilla ist eine Stadt, die mich von Anfang an verzaubert hat. Die historische Altstadt, die beeindruckende Kathedrale, der märchenhafte Alcázar-Palast und die lebendige Atmosphäre in den Straßen haben mich tief beeindruckt. Die warmen Sonnenstrahlen, das leckere Essen und die herzlichen Menschen haben meine Zeit in Sevilla unvergesslich gemacht.“, so Lavaniya. Zurück im Schulalltag, im kalten, grauen Nieselwetter in Deutschland, mit vielen Klausuren, die sie gerade schreiben müssen, sehnen sich viele zurück in die warme Stadt Sevilla. Aber die Erinnerung bleibt. Selin absolvierte ihr Praktikum in der Sprachenschule „Sevilla habla“ und richtet die letzten Worte ihres Praktikumsberichtes an die andalusische Stadt: „Sevilla, du wirst immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben.“

Auch im nächsten Jahr werden die Auslandspraktika wieder angeboten. Hierzu können sich alle Schülerinnen und Schüler des Paul-Spiegel-Berufskollegs bewerben. Ein Informationsabend findet am 24.01.2024 um 18 Uhr in der Aula des Paul-Spiegel-Berufskollegs statt. Auskunft erteilt Studiendirektorin Maren Ohde. >> weitere Informationen